Der Krieg und Militarismus gehen Hand in Hand
March 1st 2022 | #Commentary #Deutsch #War
Es ist wieder Krieg. Wer zu welcher Seite gehört, wird nun schnell klargestellt und Unterstützung jeglicher Art zugesagt. Nicht von allen, nicht überall, doch genug geben sich dem Schema des Freunds und des Feindes hin, dass einige Gedanken, Überzeugungen und Überlegungen zu Antimilitarismus als Konzept, als Theorie und als Handlungsmaxime zusammenkamen. Eine persönliche Argumentation, irgendwo zwischen Radioessay und Kommentar.
Skript
Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?
Du kennst es nicht? Du wirst es kennenlernen!
Dort stehn die Prokuristen stolz und kühn
in den Büros, als wären es Kasernen.
Die Schlagzeilen überschlagen sich erneut. Und ganze ohne das Thema beim Namen zu nennen, ist in den Köpfen präsent worum es geht. Ich will es nicht konkreter nennen, kehrt es doch wieder wie das Rad der Geschichte sich dreht. Soviel muss ich sagen: Es herrscht Krieg. Wo und wer? Das ist egal. Bevor er überhaupt zu Ende ist, ich weiß wer gewinnt und wer die Verlierer sind. Das spiel ist so oft gespielt, und trotz allen Bemühungen wird es wieder gespielt. Es herrscht Krieg. Um mir herum erlebe ich wieder die selben Reaktionen. Der Versteher der einen, der ehrenvolle Verteidiger des angegriffenen, die Unterstützer_innen der fliehenden, der getroffenen, der leidenden, und die Unterstützer_innen und Förderer_innen der Beteiligten die mit Waffen schießen - nur zur Wehr, doch zur Ehr - oder so ähnlich. Es herrscht Krieg. Und die Medienblätter, die Freundeskreise, die Verwandten die bekannten - die Fremden in der eigenen Stadt. Sie scheinen sich zu scharren um eine Standarte, wie der deutsche sich im Fussball für eine Mannschaft entscheiden muss: Auf Gedeih und Verderb, dem anderen entgegen.
Es herrscht Krieg. Worte zu finden fällt schwer. Doch der drang sie zu formulieren wird immer stärker bis sie hervorgebracht werden müssen. Den nur so viel ist zu ertragen, an Kehrtwende von dem streben nach Freiheit, an Aufgabe des Kampfes für die Emanzipation, an Verrat an allen die Unterdrückt werden. Ich muss diese Worte finden. Von denen ich hoffe das ihr sie vielleicht in Teilen euch zu Herzen nimmt, auch wenn ihr meine Überzeugung nicht teilt, sie doch zumindest verstehen könnt. Es herrscht Krieg. Schon wieder. Und ich sage: Nie wieder. Keine Unterstützung, ob in Gedanken, mit Taten oder mit Geld für die Militärs und den Militarismus, egal welcher Seite. Warum? Ich werde versuchen ein Teil einer Antwort zu geben.
Dort wachsen unterm Schlips Gefreitenknöpfe.
Und unsichtbare Helme trägt man dort.
Gesichter hat man dort, doch keine Köpfe.
Und wer zu Bett geht, pflanzt sich auch schon fort!
Nie wieder Krieg. Diese drei Worte spreche ich aus tiefster Überzeugung.
Ich bin zwar - wie bestimmt viele - größtenteils im Frieden aufgewachsen und sozialisiert, doch habe ich erlebt, was es heißt wenn das Militär gegen die Bevölkerung eingesetzt werden. Meine Erinnerung sind vage und nur einzelne, bedrückende Momente die ein Kind sich dann doch merkt - aber ich weiß wie es sich anfühlt wenn Panzer auf der Straße vor dem eigenen Haus rollen, wenn Militär und Polizei marschieren, abriegeln und kontrollieren. Es geschieht natürlich zum Schutz der Bevölkerung - so auch die Erklärung der indonesischen Regierung 1998 als Panzer vor meinem zuhause rollten. Ich weiß, wie überrumpelnd der schmerzende Aufschrei einer angegriffenen Bevölkerung sein kann, wie im Moment des Entsetzens vor dem unerwarteten Tod nichts sehnlicher gewünscht wird als das irgendjemand zurückschlagt, etwas gegen das Geschehene unternimmt. Als 2001 in der USA meine Lehrer, Mitschüler_innen und alle Erwachsenen um mir herum auf den Anschlag vom 11. September reagierten ahnten die wenigsten welch schreckliches Ausmaß und wie viel Leid diese Reaktion - der amerikanische Einmarsch im Irak und in Afghanistan - am Ende hervorrufen sollte.
Es herrscht Krieg. Aber eine Vorstellung, was das bedeutet haben nur die wenigsten. Dafür gibt es ein guten Grund, wie es der Kriegsreporter Chris Hedges in seinem Buch "What Every Person Should Know About War" von 2003 darlegt.
Es gibt wenige Bücher welche im rohen Detail die Effekte von Krieg beschreibt, was es mit den Körpern macht, mit den Geist und der Seele. Das Trauma des Krieges ist für uns häufig schwierig zu verdauen. Wir finden es leichter den Mythen über den Krieg glauben zu schenken, dem aufregenden Ruf der Pflicht, Ehre, Mut und Ruhm. Diese abstrakten Begriffe welche im Gefecht bedeutungslos werden. Damit soll nicht gesagt werden das diese Qualitäten nicht existieren - sie tun es - aber selten haben sie Platz auf dem Schlachtfeld. Moderne, industrielle Kriegsführung ist zum Großteil unpersönlich. Die Effekte von diesen gewaltigen Waffen und Explosionen auf den menschlichen Körper werden der Öffentlichkeit nicht gezeigt. Die physischen und psychologischen wunden sind lebenslange Feuerproben die von Veteranen und zivilen Überlebenden mit sich getragen werden. Diese wunden sind oft unsichtbar. Diejenigen die unter der Berührung des Krieges leiden werden oft allein gelassen damit, mit ihren grauenhaften Narben zurecht zu kommen. Krieg, wen wir ihn verstehen, zwingt uns zur Auseinandersetzung mit unserer eigenen Kapazität zur Gewalt, ja auch zur Gräueltat. Und es ist kein wunder, das die meisten von uns es vorziehen uns dem nicht zu stellen.
Sich der eigenen Gewalttätigkeit zu stellen, sich wirklich zu konfrontieren damit, was es bedeutet ein leben auszulöschen. Das ist eine Erfahrung die machen zum Glück die wenigsten. Wer in der Familiengeschichte nachforscht wird jedoch auf eben diese Geschichten und die Traumata derer, die solche Kriege erlebt haben stolpern. Diese Suche kann ich nur empfehlen, sofern noch nicht gemacht. Die Erfahrungen, Eindrücke und der Umgang mit dem Schrecken - vor allem der deutschen nicht all zu alten Geschichte, ermöglicht ein Stück weit ein Verständnis der Bedeutung vom Krieg.
Natürlich möchte ja auch niemand den Krieg, die Grundposition sei geschenkt. Auch wenn ich diesem Argument auch widersprechen muss und will, ist die Rhetorik rechtsradikaler und konservativer doch immer wieder eindeutig. Wer ein Herz hat und einigermassen vernünftig denkt, ist natürlich für den Frieden. Doch es gilt ja trotzdem sich zu verteidigen! Ein verständlicher Impuls, ein Impuls der immer und immer wieder zur Beteiligung der Bevölkerung an Kriegen beigetragen hat.
Wenn dort ein Vorgesetzter etwas will
- und es ist sein Beruf etwas zu wollen -
steht der Verstand erst stramm und zweitens still.
Die Augen rechts! Und mit dem Rückgrat rollen!
Nie wieder Krieg. Diese drei Worte spreche ich aus tiefster Überzeugung. Denn sie sind das Ergebnis langjähriger Erfahrungen vieler Generationen im Kampf für ein selbstbestimmtes und freies Leben.
Ich träume von einer Assoziation freier Menschen, einem gemeinsamen zusammenleben aller Menschen ohne Krieg, Zerstörung, Gier und Profit. Aber: Es herrscht Krieg. Im Krieg ist dieser Traum nicht zu finden, der Krieg ist der Alptraum, das Militär und der Militarismus sind Mittel und Methode der Herrschaft über Menschen wie du und ich, die nur selbstbestimmt leben wollen. Das ist keine neue Erkenntnis, aber es würde den Freunden der einen oder anderen Seite gut tun, sich nochmal anzuhören, wie Karl Liebknecht noch vor den beiden Weltkriegen erkannte:
Die Armee der kapitalistischen Gesellschaftsordnung erfüllt ebenso wie die Armee der anderen Klassengesellschaftsordnungen einen doppelten Zweck. Sie ist zuvörderst eine nationale Einrichtung, bestimmt zum Angriff nach außen oder zum Schutz gegen eine Gefährdung von außen, kurzum bestimmt für internationale Verwicklungen oder, um ein militärisches Schlagwort zu gebrauchen, gegen den äußeren Feind. Wir wissen, dass diese Spannung eine notwendige Folge der sich verschärfenden wirtschaftlichen Konkurrenz [der Nationen] auf dem Weltmarkt ist. […] so erkennen wir, dass die kapitalistische Expansions- und Kolonialpolitik unter das Gebäude des Weltfriedens zahlreiche Minen gelegt hat, deren Zündschnuren in den verschiedensten Händen liegen und die gar leicht und unerwartet auffliegen können.
Noch vor dem vollen entfalten des Kapitalismus war das Militär schon Methode zur Sicherung der Herrschaft. Mit dem Kapitalismus erfüllt es nun weiterhin diesen Zweck. Die Durchsetzung der Interessen der herrschenden der einen Nation gegen jene der anderen. Krieg, so auch wieder Karl Liebknecht, dient nicht unserem Interesse.
Das Proletariat der gesamten Welt hat von jener Politik, die den Militarismus nach außen notwendig macht, keinen Nutzen zu erwarten […]. Jene Politik dient mittelbar oder unmittelbar den Ausbeutungsinteressen der herrschenden Klassen des Kapitalismus. Sie sucht der regellos-wilden Produktion und der sinnlos-mörderischen Konkurrenz des Kapitalismus mit mein oder weniger Geschick über die Welt hinaus den Weg zu bereiten […]; und sie erreicht doch im Grunde genommen nichts, als eine wahnsinnige Gefährdung des ganzen Bestandes unserer Kultur durch die Heraufbeschwörung weltkriegerischer Verwicklungen.
Doch - und den Kern der Wahrheit möchte ich diesem Argument auf keinen Fall absprechen - es macht immer ein Unterschied für die Beherrschten wer sie gerade beherrscht. Der demokratische Wohlfahrtsstaat ist immer der formellen Demokratie eines Neoliberalen Landes zu bevorzugen, wie auch ein autoritär geführtes Land immer noch ein besseres Umfeld zum leben bietet wie ein faschistisches. Wem das verteidigen des bestehenden also reicht, könnte sich damit gut abfinden. Doch der Militarismus im Kapitalismus ist leider voll der Tücken.
da Klassenherrschaft in der Regel gleich wirtschaftlicher Überlegenheit einer Klasse über die andere ist und die Verbesserung der Waffentechnik zu einer sich fortgesetzt steigernden Erschwerung und Verteuerung der Waffenerzeugung führt, diese Waffenerzeugung allmählich zu einem Monopol der wirtschaftlich herrschenden Klasse wird, womit jener physische Grund für die Demokratie beseitigt ist. Dann aber heißt es: Sei im Besitze, und du bist im Recht. Auch bei Verlust der wirtschaftlichen Überlegenheit kann sich die einmal im Besitz der politischen Machtmittel befindliche Klasse mindestens zeitweilig in der politischen Herrschaft halten. […] Welch wichtige Rolle in den gesellschaftlichen Kämpfen die Waffentechnik spielt. Von ihr hängt es ab, ob, wenn eine wirtschaftliche Notwendigkeit dazu nicht oder nicht mehr besteht, eine Minderheit durch militärische Aktion, die „konzentrierteste politische Aktion“, in der Lage bleibt, über eine Mehrheit gegen deren Willen zu herrschen – wenigstens eine gewisse Spanne Zeit hindurch.
Diesen Zeilen aus dem Text Militarismus und Antimilitarismus von Karl Liebknecht aus dem Jahr 1906 wird die herrschende Logik ersichtlich: Die wirtschaftlich überlegene Klasse schafft ein Monopol über die Waffen, in der Folge gibt es niemand der sich mit Gewalt dagegen wehren kann - ein Schelm wer nun an das Gewaltmonopol des Staates denkt - und das Militär wird zum möglichen Instrument die eigene Herrschaft ohne Demokratische Mitbestimmung durchzusetzen, es kommt zur militärischen Diktatur.
Die Kinder kommen dort mit kleinen Sporen
und mit gezognem Scheitel auf die Welt.
Dort wird man nicht als Zivilist geboren.
Dort wird befördert, wer die Schnauze hält.
Nie wieder Krieg. Diese drei Worte spreche ich aus tiefster Überzeugung.
Nicht weil ich ein Pazifist bin. Wer gegen Neonazis aktiv wird, eine Zukunft für alle Menschen schaffen will jenseits von Staat und Herrschaft wird über kurz oder lang in direkten Aktionen mit dem Gesetz, den Ordnungsmächten, den Kapitalist_innen aneinander geraten. Ob diese Auseinandersetzung auch noch pazifistisch geführt werden soll ist ein Thema für eine andere Debatte. Viel mehr geht es mir um den Charakter des Militarismus. Es herrscht Krieg, und wo das Militär Raum ein nimmt in der Gesellschaft setzt sich auch der Militarismus fest.
[…] Militarismus impliziert eine reglementierte Gesellschaft, eine Unterordnung von demokratischen rechten in Krisensituationen wie einem Krieg oder einer Revolution. Militarismus schärft Gefolgschaft in den massen ein und konditioniert sie für die imperative einer Befehlsgesellschaft.
In dieser Zeile aus The Left That Was. A Personal Reflection, die Murray Bookchin 1991 veröffentlichte wird klar, was Militär bewirkt. Die Funktion des Militärs ist der Kampf, das Militär schafft aber auch eine Gesellschaft welche schneller wieder zum Kampf - nach außen und Innen - bereit ist. Wer ein Militär, egal welches, bei einem nun aktuellen Krieg unterstützt muss die Folgen bedenken. Muss die Befürwortung des Militarismus, der militärischen Gesellschaft, akzeptieren.
Das soll nicht bedeuten, das der Kampf mit Waffen für die eigene Freiheit nicht möglich - oder gar notwendig - ist. Auf eben diese Ideen eines bewaffneten Kampfes die der Anarchist Murray Boockhin formuliert baut auch die Idee des demokratischen Konföderalismus der Arbeiterpartei Kurdistans - also der Selbstverteidigungsmilizen in Rojava - auf.
Was die Linke die War forderte war nicht das symbolische Bild des zerbrochenen Gewehrs - das heutzutage so sehr Mode geworden ist in den Boutiquen der Pazifisten, sondern das trainieren und bewaffnen der Menschen für die revolutionäre Sache, ausschließlich in der Form der demokratischen Milizen. Eine Resolution, die von Luxemburg und Lenin mitgeschrieben wurde und von der zweiten Internationalen angenommen wurde, erklärte das sie "in der demokratischen Organisierung, in der populären Miliz anstelle des stehenden Heeres, eine essentielle Garantie für die Verhinderung aggressiver Kriege sehe und für die Erleichterung der Abschaffung der Unterschiede zwischen Nationen. Das war nicht eine einfache Antikriegserklärung, auch wenn die Opposition zu dem herannahenden Krieg der Fokus der Erklärung war. Die Bewaffnung der Menschen war eine Grundlegende Säule der Linken die war, und fromme Forderungen nach Waffengesetze unter den heutigen Linken wäre dem Gedanken der linken die war komplett fremd gewesen. Die Idee die Massen zu animieren sich auf die Polizei und die Armee zu verlassen für die Sicherheit der Allgemeinheit, oder gar die Vorstellung die andere Wange hinzuhalten in angesichts der Gewalt, wäre als abscheulich betrachtet worden.
Es herrscht Krieg. Und die Opposition gegen jedes involvierte Militär und den Militarismus dahinter bedeutet nicht die kampflose Aufgabe der zivilen Opfer, der Unterdrückten welche zwischen die Frontlinien geraten. Die Opposition muss jedoch bedeuten, zu hinterfragen wann wer zu welchem Zweck unterstützt wird.
Kennst Du das Land? Es könnte glücklich sein.
Es könnte glücklich sein und glücklich machen?
Dort gibt es Äcker, Kohle, Stahl und Stein
und Fleiß und Kraft und andre schöne Sachen.
Nie wieder Krieg. Diese drei Worte spreche ich aus tiefster Überzeugung.
Krieg und Militär, so die italienische anarchistische föderation in einer Erklärung aus dem Jahr 2018:
Kriegsproduktion, die Aquisition von Rohmaterial, der Produktionsmittel und der Arbeitskräfte, klaut die Ressourcen die in die Produktion von Gütern und Dienstleistungen fließen, Der Krieg verschlechtert die Bedingungen der ausgebeuteten insgesamt erheblich. Krieg und Militarismus sind Brutstätten des Machismo, für die hierarchische und autoritäre Ideologie welche sie charakterisiert und weil sie auf der Praxis der Unterdrückung und Gewalt aufbauen. […] Wir stellen fest, dass die Kriegsproduktion nur den privilegierten wenigen Reichtum bringt.
Den das Militär dient nicht nur der Durchsetzung des Staates nach außen, sondern auch nach Innen. Wenn es wieder einmal heißt: Es herrscht Krieg! Dann folgt die Ausrichtung der Produktion an diesem Interessen, ein Verzicht auf das soziale, kulturelle und gesellschaftliche notwendige ist die Folge, und im Extremfall auch der Verzicht auf die Güter des täglichen Bedarfs bis auch die eigene Existenzgrundlage geopfert wird. Spätestens hier ist historisch auch der Widerstand im sogenannten inneren entfacht. Der Einsatz des Militärs nach Innen ist es, welchen Karl Liebknecht 1906 folgerichtig als die zweite Aufgabe des Militarismus ansah.
die Aufgabe des Schutzes der herrschenden Gesellschaftsordnung, einer Stütze des Kapitalismus und aller Reaktion gegenüber dem Befreiungskampf der Arbeiterklasse. Hier zeigt er sich als ein reines Werkzeug des Klassenkampfes, als Werkzeug in den Händen der herrschenden Klassen, dazu bestimmt, im Verein mit Polizei und Justiz, Schule und Kirche die Entwicklung des Klassenbewußtseins zu hemmen und darüber hinaus einer Minderheit, koste es, was es wolle, selbst gegen den aufgeklärten Willen der Mehrheit des Volkes die Herrschaft im Staat und die Ausbeutungsfreiheit zu sichern. […] So steht der moderne Militarismus vor uns, der nicht mehr und nicht weniger sein will als die Quadratur des Zirkels, der das Volk gegen das Volk selbst bewaffnet, der den Arbeiter […], zum Unterdrücker und Feind, zum Mörder seiner eigenen Klassengenossen und Freunde, seiner Eltern, Geschwister und Kinder, seiner eigenen Vergangenheit und Zukunft zu machen sich vermißt, der gleichzeitig demokratisch und despotisch, aufgeklärt und mechanisch sein will, gleichzeitig volkstümlich und volksfeindlich.
Wenn ich zum Krieg sage: Nie wieder. Keine Unterstützung, ob in Gedanken, mit Taten oder mit Geld für die Militärs und den Militarismus, egal welcher Seite. Dann liegt hier eines der wichtigsten Elemente dieser Überlegung. Wenn im Moment des Krieges die Parteinahme zur Raison wird, und Geld, Material und Arbeitskraft dem Militär zugute kommt, dann wird es nicht der letzte Krieg sein. Aus Aktivismus für den Ende des aktuellen Krieges, wird der Aktivismus für weitere Kriege und für die Unterdrückung aller. Auch zwischen den Kriegen. Es herrscht Krieg. Und dieser muss Enden, bevor mehr Menschen sterben - ja, das will ich auch! Genau deswegen ist es wichtig nicht die Betroffenen alleine zu lassen, jene der Unterdrückten welche zwischen die Frontlinien geraten. Genau deswegen ist es wichtig, dass jede Unterstützung auch das weitere leben unter der zukünftigen Herrschaft berücksichtigt, zu bedenken das die Unterstützung für Militarismus im Krieg bestimmt, dass auch nach dem Krieg die militärische Logik vorherrscht. Es gilt also die Opposition gegen den Krieg nicht in derselben "wir gegen die" Konstruktion der Kriegsparteien zu denken, sondern hier und diesseits ihrer imaginären Linie gemeinsam gegen ihren Krieg aktiv zu werden.
Denn, um noch einmal bei Karl Liebknecht zu bleiben, es ist klar:
daß es für das Proletariat jedes Landes nur einen wirklichen Feind gibt: die Kapitalisten- klasse, die das Proletariat unterdrückt und ausbeutet; daß das Proletariat jedes Landes durch sein eigenstes Interesse eng verknüpft ißt mit dem Proletariat jedes anderen Landes; daß gegenüber den gemeinsamen Interessen des internationalen Proletariats alle nationalen Interessen zurücktreten und der internationalen Koalition des Ausbeutertums und der Knechtschaft die internationale Koalition der Ausgebeuteten, der Geknechteten gegenübergestellt werden muß. Es weiß, daß das Proletariat, sofern es in einem Kriege verwendet werden sollte, zum Kampfe gegen seine eigenen Brüder und Klassengenossen geführt würde und damit zum Kampfe gegen seine eigenen Interessen. Das klassenbewußte Proletariat steht daher jener internationalen Aufgabe der Armee wie der gesamten kapitalistischen Ausdehnungspolitik nicht nur kühl bis ans Herz hinan, sondern in ernster und zielbewußter Feindschaft gegenüber. Es hat die vornehmste Aufgabe, den Militarismus auch in dieser Funktion bis aufs Messer zu bekämpfen.
Selbst Geist und Güte gibt's dort dann und wann!
Und wahres Heldentum. Doch nicht bei vielen.
Dort steckt ein Kind in jedem zweiten Mann.
Das will mit Bleisoldaten spielen.
Nie wieder Krieg. Diese drei Worte spreche ich aus tiefster Überzeugung. Ich bin in ernster und zielbewusster Feindschaft. Mit der Ausbeutung und Unterdrückung von Menschen, mit den Nationen, welche diese ermöglichen und mit den Militärs mit denen sie diese durchsetzen. Und es ist das, was es bedeutet antimilitaristisch zu denken und zu Handeln. Wir dürfen nicht vergessen, das die Nation und der Staat eine fiktive Gemeinschaft ist, die den Zusammenhalt gegen das andere, das Fremde in uns einpflanzen möchte. Der Anarchist und Aktivist Peter Gelderloos zeigt auf, welche Perspektive ohne Nationen und ihre Militärs sich für uns öffnet:
Ohne die erzwungene Homogenisierung durch die Nationalstaaten, gäbe es mehr Vielfalt. Sprachen und Kulturen würden sich frei weiterentwickeln und miteinander vermischen. Grenzen verhindern diese Diffusion, und tragen so zu Konflikten bei indem sie Ähnlichkeiten und Unterschiede formalisieren. Grenzen beschützen keine Menschen, sie sind ein Mittel mit denen Regierungen ihre Ressourcen schützen - Ressourcen die uns auch beinhalten. Wenn im Krieg die Grenzen sich verschieben, dann ist der siegreiche Staat vorangeschritten […]. Wir sind die Beute - potenzielles Kanonenfutter, Steuerzahler_innen und Arbeiter_innen. Die Grenzen sind die Mauern unseres Gefängnisses.
Es herrscht Krieg. Wo und wer? Das ist egal. Bevor er zu Ende ist, ich weiß wer gewinnt und wer die Verlierer sind. Wer gewinnt ist einer der beteiligten Staaten oder Machtblöcke. Wer verliert sind wir alle. Vor allem die von uns, die das Pech haben zwischen den Fronten zu leben. Die ernste und zielbewusste Feindschaft mit dem Krieg macht aber klar: Meine Solidarität und meine Unterstützung gilt eben diesen Verlieren. Um das ganz klar zu formulieren: Wer im aktuellen Krieg sich mit den Nationalisten und Militärs Gemein macht, trägt zu dem weiteren sterben bei. Wer das sterben und das Leid verhindern will, kann dies nicht tun in dem er ein Sterben und Leiden der konstruierten anderen unterstützt oder ermöglicht. Die Optionen sind vielfältig, die Bedingungslose Unterstützung der bestehenden reaktionären Militärs ist keine Option - vor allem wo emanzipatorisch ausgerichtete Milizen, Fluchtrouten, Sabotage, Streiks und weitere Mittel existieren. Wenn wo Geld, Arbeitskraft, Ressourcen und politischer Druck nötig wird, dann ist dieses Ziel immer vor Augen - das aufbrechen der falschen Trennung zwischen wir und die anderen, zwischen Freund und Feind, jener Trennung die im Faschismus solch brutale zerstörerische Kraft entwickelt. Der Weg Vorwärts, um nochmal Peter Gelderloos zu zitieren, ist klar:
das aufbauen von weltweiten Netzwerken, den Nationalismus zu untergraben, in Solidarität mit den Migrant_innen zu kämpfen, welche die Homogenität der Nationalstaaten erodieren. Menschen an den Grenzen können helfen sie abzuschaffen indem sie illegale Grenzübertritte ermöglichen und unterstützen, indem sie die Sprache der Gegend auf der anderen Seite lernen und indem sie Gemeinschaften aufbauen, welche die Grenze überbrücken. Menschen weiter in einem Land können helfen indem sie ihre Loyalität zu der zentralisierten, homogenen Kultur aufkündigen und eine lokale Kultur entwickeln, in dem sie Migrant_innen willkommen heißen in ihren Gemeinschaften und indem sie ein Bewusstsein für kämpfe in anderen Teilen der Welt schaffen und sich solidarisch mit diesen zeigen.
Solidarität bedeutet, mit all jenen solidarisch zu sein, die auf allen Seiten der unsichtbaren Linien im Sand nicht ausgebeutet werden wollen und sich dem militärischen Zugriff verweigern. Es bedeutet wenn es mal wieder heißt: Es herrscht Krieg, den Kriegsdienstverweigerer_innen und Deserteur_innen zu helfen, den fliehenden den Weg zu erleichtern, den zwischen den Frontlinien Gefangenen Unterstützung zukommen zu lassen. Solidarität bedeutet, politisch aktiv zu werden in Opposition zu Sicherheits- und Militärlogik, dem nationalen Taumel die grenzüberschreitende transparent-demokratische alternative der Konfliktlösung und der Friedenspolitik Gegenüberzustellen. Die Komplizenschaft mit allen, die gegen den aktuellen und zukünftige Kriege sind, bedeutet, sich der Ideologie der Ausbeutung, des Kapitalismus, der Nation, des Militärs und des Volks entgegenzutreten. Konsequent, permanent und überall ohne Kompromisse - den nur wenn diese Position im Krieg auch nicht aufgegeben wird, kann es uns gelingen diesen Krieg zum letzten Krieg zu machen.
Dort reift die Freiheit nicht. Dort bleibt sie grün.
Was man auch baut - es werden stets Kasernen.
Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?
Du kennst es nicht? Du wirst es kennenlernen!
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